Viele Menschen schieben das Thema Testament auf die lange Bank. „Es wird schon passen“ oder „wir haben ja nur die Kinder“ – diese Gedanken sind verbreitet. Doch wer kein Testament hinterlässt, setzt auf die gesetzliche Erbfolge. Und die führt in der Praxis oft zu ungewollten Ergebnissen, Streit und finanziellen Nachteilen.
1. Wer erbt nach dem Gesetz?
Ohne Testament tritt automatisch die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Die wichtigsten Regeln:
• Ehegatte und Kinder bilden eine Erbengemeinschaft.
• Gibt es keine Kinder, treten Eltern oder Geschwister an die Stelle.
• In komplizierten Fällen können auch entferntere Verwandte erben.
Beispiel: Herr M. verstirbt ohne Testament. Er hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder. Nach der gesetzlichen Erbfolge erhält die Ehefrau ½, die Kinder je ¼. Die Ehefrau ist nun Miteigentümerin gemeinsam mit den Kindern – bei jedem Hausverkauf oder jeder größeren Entscheidung müssen alle zustimmen.
2. Risiken und Nachteile
a) Zwang zur Erbengemeinschaft
Mehrere Erben müssen sich einigen. Schon kleine Meinungsverschiedenheiten führen zu Blockaden. Im schlimmsten Fall endet es in einer gerichtlichen Auseinandersetzung.
b) Verkauf des Familienheims
Wenn Kinder ihren Anteil ausgezahlt haben wollen, bleibt oft nur der Verkauf. Das kann Ehepartner oder überlebende Elternteile in schwierige Situationen bringen.
Beispiel: Frau S. hinterlässt ihren Mann und einen Sohn. Der Sohn verlangt seinen Erbteil ausgezahlt. Der Vater muss dafür das Eigenheim beleihen oder verkaufen – obwohl beide Eltern es gemeinsam aufgebaut hatten.
c) Pflichtteilsansprüche
Auch wenn ein Erbe enterbt wird, bleibt der Pflichtteil. Ohne Testament gibt es aber keine Gestaltungsmöglichkeit, wie man diese Ansprüche rechtzeitig mindert oder absichert.
d) Unerwartete Erben
Oft treten Erben auf, an die man nicht gedacht hätte: entfernte Cousins, Halbschwestern oder Elternteile, zu denen gar kein Kontakt mehr besteht.
Beispiel: Herr K. lebt seit 30 Jahren mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Sie erbt nichts, wenn er kein Testament macht. Stattdessen treten seine Geschwister als gesetzliche Erben ein.
3. Warum ein Testament Klarheit schafft
Mit einem Testament können Sie:
• Streit vermeiden – klare Regelung statt unklarer Erbengemeinschaft.
• Absicherung schaffen – etwa für den Ehepartner oder Lebensgefährten.
• Ungleiches berücksichtigen – wer besonders gepflegt oder unterstützt hat, kann bedacht werden.
• Steuern sparen – durch geschickte Gestaltung lassen sich Freibeträge optimal nutzen.
4. Fazit
Wer kein Testament macht, überlässt den Nachlass dem Zufall – und damit häufig dem Streit. Ein Testament ist kein Tabuthema, sondern ein Akt der Fürsorge: Es schützt die Familie, vermeidet Konflikte und sorgt dafür, dass Ihr letzter Wille auch wirklich umgesetzt wird.
Ich berate Sie gerne – sprechen Sie mich an!
Ralf Nieke
Fachanwalt für Erbrecht